Der viktorianische Geist

Für mehr als ein Jahrzehnt wohnten meine Familie und ich in einem alten Gebäude, das bald abgerissen werden sollte. Mein Bruder und ich teilten uns ein Zimmer und ließen jede Nacht eine kleine Nachttischlampe an.

Eines Nachts, um 2:30 Uhr, wachte ich auf und spürte eine ungewöhnliche Kälte. Als ich den Mut aufbrachte, aus dem Bett zu steigen, hatte ich das Gefühl, zurückblicken zu müssen. Zu meinem Entsetzen sah ich eine Frau in viktorianischer Kleidung, die auf einem Schemel saß und in dieselbe Richtung blickte wie ich. Sie hatte einen ausdruckslosen Blick, ihre Hände ruhten sanft auf ihrem Knie, und sie war mit atemberaubenden Details gekleidet, von ihrer Hüfte bis hin zu ihrem extravaganten Hut. Sie strahlte ein schönes weißes Leuchten aus, was ihr einen geisterhaften Anschein verlieh.

Ich war natürlich erschrocken und sprang sofort wieder ins Bett, zog die Decke über meinen Kopf. Kurz darauf lugte ich hervor und sah, dass sie immer noch da war. In diesem Moment wachte mein Bruder auf, weil sein Kissen heruntergefallen war. Als er aufstand, um es zurückzuholen, sah auch er die Frau und war nicht ängstlich, sondern nur neugierig. Er warf sein Kissen nach ihr, und im Handumdrehen ging sie durch das Fenster.

Am nächsten Tag sprachen wir nicht über den Vorfall, aber nach dem Auszug stimmten wir beide überein, dass wir dieselbe schöne viktorianische Dame gesehen hatten, die uns an diesem Abend besucht hatte.


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