Sie können ihren Papa sehen

Seit einer Woche kümmere ich mich um die beiden kleinen Kinder meiner Nachbarn, ein zweijähriges Mädchen und einen fünfjährigen Jungen. Ihre Mutter, eine alleinerziehende Frau, arbeitet im Callcenter nachts, sodass sie abends früh zur Arbeit geht und am folgenden Morgen zurückkehrt. Meine Aufgaben als Babysitter beschränken sich hauptsächlich auf das Füttern der Kinder und das Zu-Bett-Bringen.

Etwas Seltsames bemerkte ich während des Zubettgeh-Rituals: Die Kinder lachten oft und blickten zum Fenster in ihrem Schlafzimmer. Anfangs dachte ich mir nichts dabei, nahm an, sie würden nur Spiele spielen. Doch eines Abends gestand der Fünfjährige, dass sie gelacht hätten, weil „Papa“ draußen sei. Diese Entdeckung erschreckte mich, denn ich wusste, dass niemand sonst im Gebäude war als wir beide.

Am folgenden Morgen teilte ich diese Begebenheit der Kinder-Mutter beim Frühstück mit. Sie erzählte mir daraufhin eine schaurige Geschichte über ihren Ex-Mann, der vor zwei Monaten bei einem Autounfall ums Leben gekommen war. Sein Gesicht war entstellt und seine Verletzungen so schwerwiegend, dass er ihnen letztlich erlag. Das Paar war nie offiziell verheiratet gewesen und er hatte eine andere Familie mit vier Kindern.

Die Mutter erklärte, dass sie weder das Leichenschauhaus besucht noch sein Grab aufgesucht hätten, da sie nicht als seine Familie anerkannt worden seien. Sie war sichtlich erschüttert von meiner Geschichte über die Kinder, die ihren Vater draußen am Fenster gesehen haben wollen. Ich beschloss daraufhin, die Kinder nachts nicht mehr zu hüten, stattdessen besuche ich sie jeden Morgen, um mit ihnen zu spielen und Zeit zu verbringen.

Zusammenfassend war es eine lehrreiche Erfahrung, auf die Kinder aufzupassen – ursprünglich ein einfacher Gefallen für eine Nachbarin, entwickelte sich daraus etwas viel Tieferes. Die schaurige Geschichte über ihren Vater wird mich noch lange verfolgen.


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